Über Kulturschaffende, Theater im Stream und Nähe auf Distanz in schwierigen Zeiten

Es geht in die vierte Woche des Stillstands. Mit der Allgemeinverfügung der Stadt Heidelberg vom 13. März 2020 wurde schließlich Klarheit geschaffen und allen Kulturveranstaltern eine offizielle Maßgabe zur Absage ihrer Programmpunkte gegeben, was wichtig und richtig war (siehe auch Statement des Karlstorbahnhofs).

Der abrupte Stopp des kulturellen, öffentlichen Lebens tut weh. Es werden Wochen und vielleicht Monate ohne Konzerte, Filme, Theater, Tanz etc.
Uns fehlen die Orte, die wir sonst ganz selbstverständlich aufsuchen – das Kino ums Eck, den Club, das Theater oder Museum.
Am härtesten trifft es hier all diejenigen Menschen, die sonst diese besonderen Orte mit Programm füllen, alle hinter den Kulissen, aus der Organisation, Presse, Technik, und dem Abendpersonal etc., und diejenigen auf den Bühnen. Letztere, häufig freischaffend, befinden sich in einer besonders schwierigen Situation und es bleibt zu hoffen, dass zügig finanzielle Hilfen geschaffen werden, die unbürokratisch zugänglich sind.

Doch ganz verzichten müssen wir auf kulturelle Angebote nicht. Geradezu herausgefordert zu sein scheinen viele Künstler*innen und Institutionen. Wohnzimmerkonzerte (z.B. Stay Home Sessions des Karlstorbahnhofs), Videos aus der Quarantäne (z.B. So.Mermaids) oder Livekonzerte vor leeren Sitzreihen (z.B. Capitol Mannheim) werden immer häufiger organisiert und erfreuen sich großer Beliebtheit.
Mich beglücken besonders die vielen Streamingangebote aus der Theaterszene. Schon mit Beginn der Ausgangsbeschränkungen startete das Aktionstheater Ensemble (Wien) sein Online-Angebot. Aufzeichnungen aus der Freien Szene finden sich zudem auf der gerade gestarteten Plattform SPECTYOU (hier finden sich z.B. Henrike Iglesias, Mother T.-Rex, Ballhaus Ost, Dampfzentrale Bern, Theater Rampe, ARGEkultur Salzburg, Rote Fabrik Zürich und Schlachthaus Theater Bern. ). Aber auch große Häuser, wie die Schaubühne Berlin oder das Nationaltheater Mannheim, zeigen Vorstellungen online. Auch Premieren gibt es, wie etwa die Uraufführung von „IMPACT“ der freien Tanzcompany Inter-Actions um Edan Gorlicki am 25. März. Das alles sind fantastische Angebote, die uns die Vielfalt der Szene zeigen und die Ausgangsbeschränkung erträglicher machen. Und doch ist es nicht dasselbe: Theater braucht sein Publikum vor Ort. Im Video gibt es nur einen Teil seiner Rezeptions- und Kommunikationsebenen preis.
Viele Theater brauchen uns aktuell nicht nur in Bezug auf die Wirkung ihrer Produktionen, sondern knallhart zum Überleben. Kommt also den vielen Bitten nach, und behaltet eure bereits erworbenen Tickets.

Auch für jede*n einzelne*n von uns bedeuten die wichtigen Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie gravierende Veränderungen des Zusammenlebens. Nähe, die wir als körperlichen Kontakt kennen, ist nur noch bedingt möglich. Das ist seltsam. Und doch mache ich gerade jetzt deutlich die Erfahrung, dass das eben nur ein Weg ist, wie sich Nähe zeigt. Gerade das sich Nahsein auf Distanz ist jetzt enorm wichtig. Das Telefonieren, Chatten und Skypen. Kontakt halten, sich austauschen, Erlebnisse teilen. Zu manchen Personen entwickelt sich so wieder eine Nähe, die im altbekannten Alltag vorher nicht zu finden war.
Auch hier ist das Theater enorm wichtig für mich. Die gemeinsame Arbeit –  auch über weite räumliche Distanz – an neuen Projekten mit dem Ensemble CL-20 ist eine wichtige Stütze in diesen Zeiten.
Mit gemeinschaftlicher Kreativität, Diskussion, Vertrauen und dem Blick voraus auf die Umsetzung neuer Ideen wird Nähe geschaffen, deren Bedeutung gerade jetzt noch spürbarer wird.
So ist beispielsweise diese kleine Aufmunterungen entstanden, ein Cover (mit neuem Text), das ich am 29. März aufgenommen habe. Viel Spaß!



"Was ihr Nähe nennt", nach Bausa: "Was du Liebe nennst".
Aktualisierte Version vom 7.4.2020 mit Oliver Kuka an der Gitarre.
Download für private Zwecke gestattet.

Bleibt gesund und zuversichtlich, denkt an eure Nächsten und unterstützt eure lokalen Kulturschaffenden.

K.S.

 

 

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